Gewissensgründe Teil II

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Es war der 30. August 2023, als Präsident Wolodimir Selenskij die Ergebnisse einer Überprüfung der 24 Wehrämter in der Ukraine bekannt gab. Die Korruption war so durchdringend, dass Selenskij die Leiter aller 24 Ämter feuerte und eine Neuaufstellung befahl.

Doch die Folgen waren anders als erhofft. Die ohnehin schwierigen Einberufungen im zweiten Kriegsjahr gingen stark zurück. „Man kann auch sagen, dass die Mobilisierung zusammengebrochen ist“, sagte der langjährige Offizier Roman Kostenko, Sekretär des Verteidigungsausschusses des ukrainischen Parlaments, im Infodienst NV. Auch General Walerij Saluschnyj, Oberkommandeur der Streitkräfte, gab am 18. Dezember zu, dass die Mobilisierung stocke. Saluschnyj rief auf, die Mobilisierung nicht nur zu verstärken, sondern in den Wehrämtern zum vorherigen funktionierenden Vorgehen zurückzukehren.

Ω Ω Ω

Für Aufsehen sorgten in der Ukraine Zahlen der EU-Statistikbehörde Eurostat, denen zufolge sich 650 000 ukrainische Männer im wehrfähigen Alter zwischen 18 und 60 Jahren in der EU sowie der Schweiz, Liechtenstein und Norwegen aufhielten.

Die Welt am Sonntag zitierte im November Zahlen des Bundesinnenministeriums, denen zufolge seit der Invasion 221 571 ukrainische Männer zwischen 18 und 60 Jahren nach Deutschland gekommen seien. Knapp 190 000 seien noch im Ausländerzentralregister verzeichnet, zu ihnen kämen schätzungsweise weitere 100 000 nicht gemeldete Ukrainer. Tausende ukrainische Männer versuchen weiterhin, das Land angesichts drohender Einberufung illegal zu verlassen.

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Alle Tage

Der Krieg wird nicht mehr erklärt,
sondern fortgesetzt. Das Unerhörte
ist alltäglich geworden. Der Held
bleibt den Kämpfen fern. Der Schwache
ist in die Feuerzonen gerückt.
Die Uniform des Tages ist die Geduld,
die Auszeichnung der armselige Stern
der Hoffnung über dem Herzen.

Er wird verliehen,
wenn nichts mehr geschieht,
wenn das Trommelfeuer verstummt,
wenn der Feind unsichtbar geworden ist
und der Schatten ewiger Rüstung
den Himmel bedeckt.

Er wird verliehen
für die Flucht von den Fahnen,
für die Tapferkeit vor dem Freund,
für den Verrat unwürdiger Geheimnisse
und die Nichtachtung
jeglichen Befehls.

—Ingeborg Bachmann, 1952

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Gewissensgründe (!)

Reinhard Müller, :

Wenn man den Kampf gegen Putins Russland, der die Auslöschung der Ukraine zum erklärten Ziel hat, für gerechtfertigt und gerecht hält – und ist das nicht der klassische Fall des gerechten Krieges? –, dann muss Deutschland ein sicherer Hafen für Schutzbedürftige sein – aber nicht für wehrpflichtige Männer, die sich ihrer Pflicht entziehen.

Dafür gibt auch das hiesige Grundrecht nichts her, aus Gewissensgründen (!) den Dienst mit der Waffe zu verweigern. Es gibt kein generelles Recht auf Flucht vor der Einberufung. Deutschland muss auch hier alles tun, um der Ukraine zu helfen – im ureigenen Interesse.

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All else being equal …

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Manuel Schwab, Los Angeles Times:

From subjecting the legacies of their own perpetration to scrutiny, German political institutions are increasingly directing scrutiny at others, framing antisemitism as a problem to be called out in others. If the optics here do not inspire a deep sense of unease, perhaps it is we who have not grasped the basic lessons of German history.

I have spent much of my scholarly career working in countries where the naming of ethnic cleansing, apartheid and genocide are fiercely debated as political violence rolls on unchecked. I am no stranger to the fact that, as the often-abused turn of phrase goes, “it’s complicated.” But the current situation in Germany makes a few things painfully clear. Public memory — the way pasts are kept as common parts of our shared social fabric — is a critical resource without which the very idea of a shared humanity is inconceivable.

Public memory, as such, can never be owned. The profound intergenerational grief that comes in the wake of historical traumas is a painful legacy, but a conversation about the contemporary meaning of that legacy cannot be avoided if “never again” is to remain a political ethic responsive to our present.

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In harsh, dangerous times broken-hearted parents believe that so many children killed or wounded is the way forward. Pauses work.

David Cameron & Annalena Baerbock, :

David Cameron_ Why the UK and Germany back a sustainable ceasefire 3
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Vertraute Sprache

Masha Gessen, Frankfurter Rundschau:

Vor circa einer halben Stunde erhielt ich eine Mail von Imme Scholz, einer der Präsidentinnen der Heinrich-Böll-Stiftung, in der sie sich für die negative Dynamik entschuldigt, die der Vorfall ausgelöst hat.

Da heißt es: „Bitte seien Sie versichert, dass wir nicht in Frage stellen, dass Sie den Preis erhalten. Im Gegenteil, wir teilen das Lob und den Respekt für Ihre Arbeit (…) Aber, wie Sie in Ihrem Artikel im New Yorker bereits vorhergesehen haben, hat sich die öffentliche Debatte darüber in Deutschland sehr schnell ins Negative gewendet.

Die Böll-Stiftung in Bremen sah sich unter Druck gesetzt, von der für morgen Abend geplanten Zeremonie zurückzutreten. Wir haben uns dieser Entscheidung angeschlossen, da sie unsere Partner sind, und wir akzeptieren die starke Kritik, die wir dafür nun in Deutschland und auch international erhalten haben.“ Diese Art Sprache ist mir extrem vertraut.

Woher?

Aus Russland, aus der Sowjetunion. Und, entschuldigen Sie, jetzt mache ich es schon wieder! Ich vergleiche. Diesmal das heutige Deutschland mit dem totalitären Deutschland. Ich will nicht behaupten, dass Deutschland heute ein totalitäres Land ist. Doch bestimmte Gewohnheiten haben so eine Art, ruhend weiter zu bestehen und dann plötzlich wieder aufzutauchen.

Ich habe ein ganzes Buch über totalitäre Gewohnheiten in Russland geschrieben und wie sie sich heute fortschreiben. Da ist eine spezifische Dynamik am Werk. Totalitäre Regierungen sind sehr gut darin, sie zu erzeugen, es ist gewissermaßen ihr Lebenselixier. Es geht darum, den Menschen das Gefühl zu geben, dass sie etwas unter den gegebenen Umständen Unmoralisches tun müssen, um anständige Menschen zu bleiben.

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Ihre erste Rede für BSW im Bundestag

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Auf dem Platz und in den Straßen

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